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- Erstellungsdatum 5. März 2022
- Zuletzt aktualisiert 24. Juli 2024
Gemeinsame Resolution: WIR zeigen Gesicht für Offenheit, Respekt und Solidarität
Die Stadtverordnetenversammlung unterstützt ausdrücklich den folgenden Wortlaut der Erklärung „WIR zeigen Gesicht für Offenheit, Respekt und Solidarität“ des Kreises Groß-Gerau und bezieht kritisch Stellung zu den sogenannten „Spaziergängen“, die es in Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bundesweit und seit einiger Zeit auch in Kommunen des Kreises Groß-Gerau gibt.
Der Wortlaut der Erklärung:
Wir, die Unterzeichnenden dieser Erklärung, wenden uns gegen eine Verharmlosung der sogenannten „Spaziergänge“, die keine zufälligen Treffen oder abendliche Erholungsrunden darstellen, sondern nicht angemeldete Demonstrationen und Aufmärsche. Immer wieder kommt es dabei in den deutschlandweiten Aktionen zu gewalttätigen Übergriffen, Hass und Hetze. Mit der Titulierung „Spaziergänge“ wollen die Initiatoren bewusst das Versammlungsrecht mit seinen Vorgaben umgehen.
Auch in Städten und Gemeinden unserer Region marschieren sogenannte „Spaziergänger“ anonym und stumm. Sie wollen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie glauben machen, sie seien in friedlicher Opposition unterwegs, mit guten Absichten und mit universellem Freiheitsgedanken. Dabei nehmen sie in Kauf, dass wesentliche Teile der Bewegung, teils öffentlich, teils im Hintergrund agierend, es mit dem Staat, den Grundrechten, der Demokratie und dem Schutz aller Menschen nicht so gut meinen, wie sie es mit der Symbolik auf der Straße vorgeben: Rechtsextreme und Querdenker, die sich verschiedene Mitläuferinnen und Mitläufer aus allen Teilen der Republik zunutze machen.
Die Unterzeichnenden unterstellen den Teilnehmenden nicht pauschal rechtswidrige oder verletzende Absichten, doch wer sich dieser Gruppe anschließt, solidarisiert sich mit verbaler und körperlicher Gewalt, die nachweislich in diesem Umfeld propagiert wird. Die „Spaziergänger“ gerieren sich als schweigende Mehrheit, doch sie sind eine Minderheit in unserer Gesellschaft. Sie werden geführt und verführt von einer noch kleineren, staatsfeindlichen Minderheit unserer Gesellschaft, die in den sozialen Netzwerken ihr wahres Gesicht zeigt: ohne Distanz zu Gewalt, ohne Anstand im Tonfall, ohne Distanz zu Bedrohungen, denen Verantwortungsträgerinnen und -träger aus Politik, Wissenschaft, Medizin und anderen Teilen unseres zivilen Miteinanders zunehmend ausgesetzt sind. Sie suchen die Anonymität gezielt, um ihre politischen Zwecke zu verschleiern. Sie nutzen die Möglichkeiten unseres Grundgesetzes, unser höchstes Gut; sie nutzen das Versammlungsrecht, um genau dieses zu umgehen. Sie berufen sich auf Demokratie und Pluralismus und kaschieren dabei ihr demokratiefeindliches Auftreten, das von Hetze, Wissenschaftsferne und einem engstirnigen Weltbild geprägt ist.
Unsere Gesellschaft ist aber anders: WIR sind stark, vielfältig und solidarisch. WIR leben Zusammenhalt auf dem Boden unseres Grundgesetzes und schützen unsere Demokratie vor ihren Feinden. Und WIR zeigen mit dieser gemeinsamen Erklärung Gesicht – WIR nennen unsere Namen.
WIR lehnen jedwede Form von Einschüchterung, Hass, Hetze und Gewalt ab.
WIR stehen auf der Seite derer, die demokratisch-rechtsstaatlich handeln und bei Corona-Themen wissenschaftlich fundiert, ausgewogen und im Sinne der Gesellschaft entscheiden. WIR drücken den Schulterschluss mit all jenen Privatpersonen und Initiativen in der Region aus, die sich gegen die Querdenkerszene und die kruden Theorien wenden, die den „Spaziergängen“ zugrunde liegen.
WIR erklären uns solidarisch mit Betroffenen, die im Zusammenhang mit dem Coronavirus einen nahestehenden Menschen verloren haben oder an den Folgen der Erkrankung leiden. WIR stehen an der Seite derjenigen, die täglich mit ihrer Arbeit in den Kliniken, Arztpraxen, Impfstellen, Pflegeeinrichtungen, in den Gesundheitsbehörden oder an anderer Stelle dazu beitragen, diese Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen zu überwinden.
WIR rufen alle „Spaziergängerinnen und Spaziergänger“ auf, genau zu hinterfragen, mit wem sie da auf die Straße gehen, mit welchen Forderungen und auf welcher faktischen Grundlage.
WIR fordern die Demonstrierenden auf, die Regeln einzuhalten, Demonstrationen anzumelden und damit die Anonymität zu verlassen.
WIR fordern die Demonstrierenden auf, eine kritische Distanz zu Einschüchterung, Hass, Hetze und Gewalt einzunehmen.WIR zeigen Gesicht für Offenheit, Respekt, Solidarität und unsere Demokratie.
Begründung:
Den Stadtverordneten der Stadt Ginsheim-Gustavsburg erklären sich solidarisch mit der von Landrat Thomas Will und Ersten Kreisbeigeordneten Walter Astheimer, den Bürgermeistern des Kreises und zahlreichen weiteren Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterstützten Erklärung. Es geht den Stadtverordneten der Stadt Ginsheim-Gustavsburg und dem Kreis darum, zu diesen vorwiegend über Soziale Netzwerke organisierten Zusammenkünften Stellung zu nehmen und Gesicht zu zeigen. Denn die „Spaziergänge“ sind in der Regel nicht angemeldet und erfüllen damit nicht die gesetzlichen Vorgaben des Versammlungsrechts.
Kritikwürdig sind zudem die wesentlichen Botschaften, die indirekt oder zum Teil ganz offenkundig von den „Spaziergänger*innen“ ausgehen. Als verantwortliche Gesundheits- und Ordnungsbehörde will der Kreis Groß-Gerau mit seiner Erklärung seine kritische Distanz zu diesen eindeutig definierten Demonstrationen zum Ausdruck bringen. Die Stadtverordneten wollen mit der Unterstützung der Erklärung für Offenheit, Respekt und Solidarität ein wahrnehmbares Zeichen setzen und der gesellschaftlichen Mehrheit eine Stimme geben.
Wenn der Einzelne nur an das eigene Ich denkt, zerstört er das gesellschaftliche Zusammenleben. Die Freiheit des Einzelnen endet dort, wo sie die Freiheit des anderen begrenzt. Es gibt auch ein Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, und das muss der Staat schützen. Es kann nicht akzeptiert werden, dass die gesamtgesellschaftlichen Anstrengungen zur Eindämmung des Coronavirus und die Entbehrungen durch das verantwortungslose Handeln einer Minderheit schlecht geredet werden. Wir vertrauen auf die Empfehlungen der Wissenschaft, um größeren Schaden von allen abzuwenden.
Wir haben das große Glück, in einer freien, friedlichen und demokratischen Gesellschaft zu leben. Viele Jahrhunderte wurde für unsere Demokratie gekämpft. Demokratie und die Grundrechte schützen jeden einzelnen und geben jedem und jeder die Möglichkeit, sich einzubringen. Daraus entsteht auch eine Verantwortung eines jeden, einer jeden für die Gemeinschaft. Dieser Zusammenhang ist der Mehrheit der Menschen, die in unserer Region leben, bewusst. Das Versammlungsrecht ist ein Grundrecht, das eine wesentliche Voraussetzung für unsere demokratische Grundordnung ist. Wer allerdings Versammlungen ohne rechtliche Grundlage und ohne Verantwortliche Woche für Woche organisiert, tritt dieses Grundrecht mit Füßen. Die Parolen einer lautstarken Minderheit, dass der Staat wie eine Diktatur handelt, sind absurd und verhöhnen alle Opfer von Diktaturen, in der Vergangenheit und heute.